Montag, 25. Juli 2016

"München-Anschlag: Das unverschämte Reporterglück des Richard G."

München-Anschlag: Das unverschämte Reporterglück des Richard G.

Gerhard Wisnewski

Zufälle gibt’s: Erinnert sich noch jemand an den deutschen Journalisten, der den Attentäter-LKW von Nizza rein zufällig von seinem Balkon aus filmte? Derselbe Reporter berichtete nun auch noch live vom Amoklauf in München. Sagenhaft! Aber leider ist genau das der Punkt, an dem der Zufall aufhört und die Inszenierung beginnt. Denn dass ein und derselbe Journalist zweimal hintereinander rein zufällig zeitgleich oder zeitnah am Schauplatz eines Attentates zugegen ist, ist wohl äußerst unwahrscheinlich, oder?
Nizza, 14. Juli 2016: »Ich stand auf dem Balkon meines Hotelzimmers. Das Feuerwerk zum Nationalfeiertag war gerade vorüber. Plötzlich rollte ein weißer Lkw vorbei«, erzählte der Reporter Richard Gutjahr am Tag darauf Spiegel Online. »Das passte nicht ins Bild, denn die Straßen waren für alle Fahrzeuge gesperrt. Der Lastwagen fuhr sehr langsam, einige Leute haben gebrüllt. Es wirkte eigenartig, deshalb habe ich angefangen, mit meinem Handy zu filmen.« Die Bilder gingen um die Welt: Der große, weiße LKW fuhr erst ganz langsam unter Gutjahrs Balkon vorbei, um anschließend zu beschleunigen und in die Menschenmenge auf der Promenade des Anglais zu rasen.
Am Ende waren 84 Tote zu beklagen; der Attentäter starb im Kugelhagel der Polizei. Der Anschlag ging als ein neues großes Massaker in die traurige Geschichte des französischen Terrorismus ein.

Richard, der rasende Reporter

München 22. Juli 2016: Vor dem McDonald's am Olympiaeinkaufszentrum packt plötzlich ein Mann eine Pistole aus, richtet sie auf flüchtende Passanten und beginnt zu schießen. Am Ende sterben 9 Menschen, mit dem Attentäter 10. Etwa 35 werden verletzt. Der Schütze »richtet« sich bei einem Festnahmeversuch durch die Polizei selbst, heißt es hinterher. Und wo war Richard Gutjahr? Nun, seit Nizza hatte der rasende Reporter den Standort gewechselt und war schon wieder in unmittelbarer Nähe des Geschehens gelandet. Nach eigenen Angaben fuhr er gerade in der Nähe des Olympiaeinkaufszentrums vorbei, als die Schüsse des Attentäters krachten. Gemäß einem Telefongespräch mit dem Sender Phoenix ist er »den Polizeikolonnen hinterhergefahren und auch noch in das Gelände reingekommen«.

Ganz schön frech. Oder hat die Polizei ihn etwa mitgenommen? Die Polizisten seien »sehr, sehr nervös« gewesen, berichtete Gutjahr dem TV-Sender BR24. Das könne er sagen, weil er schon mehrere solcher Einsätze erlebt habe. So, so. Bis jetzt wissen wir nur von einem solchen »Einsatz«, nämlich dem in Nizza, bei dem er nur wenige Tage zuvor ebenfalls zugegen war. Bei wie vielen Attentaten hielt sich dieser Gustav Gans des Journalistengewerbes also noch in unmittelbarer Nähe auf?



Wer ist Richard Gutjahr?

Und wer ist überhaupt dieser sagenhafte Herr Gutjahr? Und wo bekommt man eigentlich so einen atemberaubenden Riecher, dass man Attentate quasi schon im Voraus erschnüffeln kann? Antwort: Auf der Münchner Journalistenschule natürlich. Zwischen 1993 und 1998 trainierte der Reporter dort sein Riechorgan und studierte außerdem Kommunikations- und Politikwissenschaften. Des Weiteren nahm er an französischen und amerikanischen Austauschprogrammen teil.

Hinterher schmückten sich die ehrenwertesten Medien mit dem Mann: Neben der Süddeutschen Zeitung auch der Tagesspiegel und die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Aktuell sei er »Mitarbeiter der Chefredaktion des Bayerischen Fernsehens und Moderator der Rundschau-Nacht«, heißt es bei Wikipedia.

Die Goldklumpen des Gewerbes

Diese Zierde jeder Redaktion stolpert immer wieder über die Goldklumpen des Reportergewerbes. So sei es ihm im April 2010 gelungen, nach 23-stündigem Schlangestehen in New York das erste iPad der Welt zu ergattern.
Da staunen Sie, was? Aber nicht nur das: Auch bei der Revolution in Ägypten war er dabei. Und zwar habe er gerade – rein zufällig wahrscheinlich ‒ ganz in der Nähe geweilt, nämlich in Israel, als er sich spontan zu einer Reise in das Nachbarland Ägypten entschlossen habe. 2013 habe das Grimme-Institut »mit der Nominierung von Richard Gutjahr« gar »zum ersten Mal in der Geschichte des Grimme Online Awards« die persönliche Leistung einer Einzelperson gewürdigt, erfährt man auf der Website des smarten Reporters: »Die demokratische Gesellschaft profitiere von seinen Analysen, Impulsen und den von ihm initiierten Projekten (…)«, habe es da über ihn geheißen. Und das ist gewiss nicht übertrieben.

Der Engel mit den Eisaugen

Apropos Israel: Dem Nahoststaat ist der Hans Dampf in allen Gassen sehr eng verbunden. Verheiratet ist er nämlich mit der ehemaligen Knesset-Abgeordneten Einat Wilf, einer jungen Frau mit eiskalten Augen und der Ausstrahlung eines Kühlschranks. Über Einat Wilf hält die deutsche Wikipedia leider keinen Beitrag bereit. Die englische Wikipedia aber schon. Dort erfährt man, dass Wilf für die Unabhängigkeits- und die Arbeitspartei im israelischen Parlament war. Studiert hat sie in Harvard, in Frankreich und am Wolfson College der Universität von Cambridge.

Sie selbst beschreibe sich als Zionistin und Atheistin. Um ein weiteres Detail tobt jedoch inzwischen ein ausgewachsener Edit-War bei Wikipedia: Mal ist es da, mal ist es weg. Hinter den Kulissen bekriegen sich offenbar mehrere Lexikon-Autoren um eine kleine aber feine Einzelheit, nämlich für wen die Frau des deutschen Reporter-Asses Gutjahr denn sonst noch arbeitet oder gearbeitet hat.

4 Tage nach dem Nizza-Attentat stand die Information noch im Fließtext des Wiki-Artikels, doch einen Tag nach dem München-Amoklauf, am 23. Juli, war sie plötzlich verschwunden ‒ um wenig später in einem eigenen Absatz wieder aufzutauchen. Demnach beendete Gutjahr-Gattin Einat Wilf ihren Militärdienst als israelische »Geheimdienstoffizierin der Einheit 8200 im Range eines Leutnants«. Hier vorsichtshalber ein Screenshot:

 Wikipedia-Eintrag über Geheimdienstoffizier Einat Wilf


Bilder ohne Kontext, Worte ohne Bedeutung

Vielleicht handelt es sich ja ganz einfach um eine Falschmeldung? Aber auch ihre Biografie bei der Knesset weist sie als »Geheimdienst-Offizierin« aus. Die smarte Dame hat sogar eine eigene Website, nämlich www.wilf.org. Daraus geht hervor, dass es sich bei Wilf um eine Propagandaexpertin handelt, die für Israel den »Krieg der Worte gewinnen« möchte, wie ein Papier von ihr überschrieben ist. Den »Krieg der Worte, Bilder und Ideen« zu gewinnen sei ebenso wichtig, wie den Krieg auf dem Schlachtfeld, schreibt die israelische Mata Hari da.

Meint sie damit etwa auch die »Worte, Bilder und Ideen«, die ihr famoser Ehegatte über die Attentate dieser Welt verbreitet? Egal: »Während ich meinen Weg durch die Fernsehstudios nahm«, berichtet die Dame, die offenbar ebenso gerne durch die Medien tingelt wie ihr Ehemann, »spürte ich, dass alles zählte: Angefangen bei der Kleidung bis hin zum Gesichtsausdruck«. Und wie sie ebenfalls erkannte, zählen im Krieg keine Feinheiten oder Details: »Es gab keine Geschichte, keinen Zusammenhang und keine wirkliche Konversation – nur Bilder ohne Kontext, Worte ohne Bedeutung, Behauptungen ohne Beweise und aufgewärmte Verleumdungen.«

Also genau das, was unsere »Qualitätsmedien« tagaus, tagein verbreiten ‒ speziell über die in jüngster Zeit verübten Attentate in den USA, Frankreich und nun auch in Deutschland. Denn so etwas wie »Fairness« gebe es im Krieg der Worte und der Bilder nicht: »Im Krieg für Israel zu sprechen, erfordert einfache, klare und häufig ausgesprochene Wahrheiten.«

Im Bett mit dem Geheimdienst?

Immerhin kann man nun behaupten, dass der rasende Reporter Gutjahr den Geheimdiensten nahesteht – sogar sehr nahe. Ja, wahrscheinlich liegt er sogar mit ihnen in einem Bett. Also embedded, sozusagen. Kommt er etwa auf diesem Wege an seine heißen Informationen, vielleicht sogar über bevorstehende Attentate? Über seine Gattin vom israelischen Geheimdienst, die sich selbst zu den »geistigen Verteidigungskräften« ihres Landes zählt? Schließlich ist diese inzwischen mit allen möglichen strategischen Planungen beschäftigt.

So habe sie in Israel unter anderem als leitende Forscherin am politischen Planungsinstitut des jüdischen Volkes gearbeitet. Die »Einheit 8200«, für die sie beim israelischen Geheimdienst tätig war, lügt übrigens wie gedruckt. 2013 beschuldigte sie den syrischen Staatschef Baschar-al Assad 2013 eines Giftgasangriffs auf Zivilisten in Syrien, bei dem es Hunderte Tote gegeben haben soll ‒ und der für Assads Truppen gar nicht möglich war. 2015 wurde Assad sogar von US-Experten entlastet: Aus ihren Untersuchungen gehe »schlüssig hervor, dass die Raketen aus Gebieten der Opposition abgefeuert wurden«, heißt es auf der Website Friedensblick.

Schon 2014 hatten 43 Reservisten der Einheit 8200 die Zusammenarbeit aufgekündigt ‒ wegen moralischer Bedenken. Dass dazu auch Gutjahrs Frau Wilf gehörte, ist nicht überliefert. Wie sagte sie doch: Der Sieg sei schließlich nur den Standfesten sicher und denjenigen, die die »bessere Geschichte« hätten …

Bleiben nur noch ein paar Fragen:
  • War der Journalist Gutjahr wirklich rein zufällig bei beiden Attentaten anwesend?
  • Oder hatte Gutjahr Vorwissen über die bevorstehenden Attentate von Nizza und München?
  • Wie kam er an dieses Wissen?
  • Welche Beziehungen unterhält Gutjahr zu Geheimdiensten?
  • Hatten Polizei und Geheimdienste Vorwissen über die Attentate?
  • Wenn es Vorwissen bei Polizei und Geheimdiensten gab: Inwiefern haben diese dann die Finger drin?
  • Nahm ihn in München tatsächlich die Polizei mit zum Tatort?
  • Wenn nicht, warum duldete die Polizei dann die Verfolgung durch eine ermittlungsfremde Person?

Diese Fragen habe ich auch an Herrn Gutjahr übermittelt. Die Antwort wird ggf. hier veröffentlicht.

 http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/gerhard-wisnewski/muenchen-anschlag-das-unverschaemte-reporterglueck-des-richard-g-.html



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